Bat X-Mas I

Weihnachtliche Spurensuche im DC-Universum

In der mittlerweile fast 80-jährigen Erfolgsgeschichte der Superheldencomics hat nicht nur die klassische Verbrecherjagd und Weltrettung Tradition, sondern auch die alljährlichen Festtage geben immer wieder währenden Anlass für Geschichten im weihnachtlichen Gewand. Im DC Verlag werden pünktlich zu den Feiertagen bis heute Sonderausgaben – unter den klangvollen Namen Christmas with the Super-Heroes oder Holiday-Bash – aufgelegt. Superman hilft dann dem beleibten Weihnachtsmann durch den Schornstein zu rutschen, Wonder Woman trägt gleich selber die Päckchen aus und Batman singt munter Weihnachtslieder mit dem Polizeichor (vgl. Action Comics #105, 1947; Sensation Comics #38, 1945; Batman #219, 1970). Doch was passiert in diesen Storylines mit der Heldenkonzeption eines Superhelden?

In einem diachronen Betrachtungsblick soll an der Figur Batman[1] in den kommenden Wochen gezeigt werden, wie spezifische Weihnachtselemente, Codes und Narrative aufgegriffen werden und vor allem, welche Funktionen diese im Superheldenkosmos übernehmen. So werden nicht nur die Insignien des Weihnachtsmannes – weißer Rauschebart und roter Mantel – zitiert, sondern diese brechen bewusst das unnahbare Bild des hardboiled Superhelden und Batman darf hier in einer zum Teil grotesken und karnevalesken Travestie sein düsteres Image aufhellen.

Die Weihnachtsepisoden entfalten sich zum Experimentierfeld, das zum spielerischen Umgang mit der Heldenkonzeption einlädt, sich gleichzeitig aus einem literaturhistorischen und populärkulturellen Fundus und Verweisspiel speist. Batman Noël (2011) amalgamiert beispielsweise die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens mit der klassischen Superheldenthematik und inszeniert Batman als Scrooge, der von drei Geistern in Gotham City heimgesucht wird. Aber auch Batmans Gegner spielen mit dem Motiv der besinnlichen Festtage und nutzen diese Zeit, um die Bürger Gothams noch ärger zu terrorisieren. Insbesondere die Figur des Jokers tritt dabei als jährlicher Weihnachtswidersacher und „Holiday Killer“ in Erscheinung, wenn er ein Weihnachtslied anstimmend den Fledermausmann verhöhnt: „Jingle Bells, Batman Smells“ (In: „Christmas with the Joker“ (1992) Episode 33 aus der Zeichentrickserie: Batman: The Animated Series. USA: Warner Bros, 00:01:28).

Im Wandel der Zeit vom Ende der 1930er bis in die 2000er Jahre lassen sich dabei spezifische Differenzen und Nuancen nachweisen, die ein breites Spektrum abdecken: vom heiteren winterwonderland Gotham zum düsteren nightmare of christmas spannen die unterschiedlichen Umsetzungen ein vielfältiges Arrangement auf. Diverse intertextuelle Verweise und/oder graphische, respektive ikonographische Codierungen für Weihnachten werden aufgenommen, ausgesponnen oder umgedeutet und formen darüber auch die Konstruktion des Heldentums. Die enorme Fülle an Batman Comics, von denen immer noch monatlich neue Ausgaben erscheinen (daneben diverse mediale Adaptionen wie Filme, Zeichentrickserien und PC-Spiele), erfordern eine Auswahl und Eingrenzung des Korpus. Daher werden für die einzelne Entwicklungslinien exemplarische Geschichten herangezogen und unterstützt durch Verweise auf die Covergestaltung weiterer Weihnachtshefte. Der abschließende kurze Ausblick rundet den Beitrag mit Hinweisen auf andere weihnachtliche Superheldengeschichten ab und verortet Batman in diesem Gefüge.

„Superman is more like Santa … you know, with the red colors and all …“ Zum Entstehungs- und Entwicklungskontext von Batman

Ersonnen von Bill Finger und Bob Kane hatte Batman seinen ersten Auftritt 1939 in dem Sammelheft Detective Comics. Bereits in dem Debüt wird deutlich, dass die Figur in Abgrenzung zum alles überstrahlenden, unbesiegbaren Superman kreiert wurde. Dieser löste ein Jahr zuvor den regelrechten Superheldenboom aus, der bis in die 50er Jahre andauerte und als das Goldene Zeitalter in die Comichistorie eingegangen ist (weiter dazu: Morrison (2013). Batman gehörte neben Superman zu den Vorreitern des Golden Age Comics und hat das Genre maßgeblich geprägt.

In dieser Zeit entstand eine eigene Legion an Superhelden, die sich mit ihren fantastischen Kräften und Fähigkeiten regelrecht überboten.

Die Figur Batman geht zwar auch auf ein namengebendes Tier zurück, dabei ist mit der Fledermaus als Kreatur der Nacht und Schatten jedoch bereits der düstere Grundton angelegt. Ganz im Stile seines Wappentieres ist Batman der dunklere, mysteriösere und gefährlichere Gegenentwurf zum Saubermann Superman: „Während Letzterer den Amerikanischen Traum repräsentiert, steht der Dunkle Ritter für die Schattenseiten dieses Traums, für Neurosen und verdrängte Ängste, die im Großstadtdschungel unheilvoll unter der glatt polierten Oberfläche lauern“ (Friedrich (2007), 32). Dies spiegelt sodann auch Batmans Kostüm wieder, denn Bob Kane legte seine Figur als einen schwarz-grauen Komplementärentwurf zum strahlenden Superman an. Beide Anzüge sind mittlerweile fest im populärkulturellen Gedächtnis verankert und ebenso mythisch aufgeladen wie der rote Anzug des Weihnachtsmannes.

Wenngleich die ersten Batman Comics noch durch plakative und knallbunte Farbigkeit geprägt sind, lassen sich die dunkleren Anklänge der Figur bereits in seiner inneren Motivation ablesen: „Ich brauche eine Verkleidung, die mir etwas Gefährliches, Unheimliches verleiht! Ein Tier…? Ein Nachtvogel…? Ja, die Fledermaus wird mein Symbol und meine Maske!“ (Kane (1974), 8). In der langen Entwicklungsgeschichte haben sich daraus vielschichtige Deutungen und Fortschreibungen des Mythos entwickelt, die von verschiedenen Zeichnern unterschiedlich umgesetzt wurden und insbesondere in den 1980er Jahren die ambivalente Brechung und Psychologisierung der Figur herausstellen. Batman ist zwar seit seinen ersten Auftritten als hardboiled Held in düsterem Setting mit Anleihen aus gothic novels konstruiert, aber bereits Anfang der 1940er Jahre gibt es Weihnachtsgeschichten, die spielerisch mit dem düsteren Bild des dunklen Rächers brechen: „Imagine the Batman and Robin playing Santa Claus!“ (Kane (1943), o.P).

„Merry Christmas to lovers of high adventures everywhere … “

Seine erste Geschichte im weihnachtlichen Gewand erlebt Batman in der Comicausgabe #9 aus dem Jahr 1942. Leitmotiv ist ein Wunschzettel, der versehentlich in Batmans Hände gelangt. Ein kleiner Junge wünscht sich nichts sehnlicher, als dass sein Vater aus dem Gefängnis freigelassen wird. Batman kann tatsächlich die Unschuld des Mannes beweisen, in Anlehnung an Charles Dickens A Christmas Carol (1843) tritt dabei auch ein Geist aus der Vergangenheit in Erscheinung und gemeinsam feiert man schließlich die Familienzusammenführung an Heilig Abend. Relativ simpel aufgebaut und mit dem Schwerpunkt auf der Lösung des Konflikts durch geschickte Kombination wird Batman hier zum Retter des Weihnachtsfests. Allerdings bekommt der Weihnachtsmann auch Batmans ruppige Seite zu spüren, als dieser ihn am Bart packt und zurechtweist: „Now, listen! You´re going inside and play Santa Claus for those poor kids. I want you to laugh, be happy, jovial. Exude the christmas spirit or else! Get me?“ (Kane (1942), o.P.).

Ein Jahr später 1943 begibt sich Batman in Begleitung seines treuen Mündels Robin, alias Dick Grayson auf ein rasanteres weihnachtliches Abenteuer. Gerahmt wird die Superheldenstoryline durch eine kurze Begebenheit um Bruce Wayne und Dick, die in ihrer Alltagserscheinung einen armen Straßenjungen beschenken. Beschwingt und angespornt von ihrer Wohltat, schlägt Dick vor, nun auch am Weihnachtsabend damit weiterzumachen: „Well, wouldn´t it be nice if we could bring some cheer to – well, let me see… I´ve got it! To the loneliest men in the world!“ Bruce stimmt ein: „I was hoping you´d suggest that! Only I figure it wouldn´t be a job for Dick Grayson and Bruce Wayne – but for Robin and the Batman!“ (Kane (1943), o.P). Das Batmobil wird kurzerhand weihnachtlich mit Schleifen und Kränzen dekoriert und zum Schlitten umfunktioniert. In ihrer Superheldenidenität begeben sich die beiden auf die Suche nach den drei einsamsten Menschen Gothams, um ihnen an diesem Abend Gesellschaft zu leisten. Dabei spüren sie allerdings ein Verbrecher Trio auf, das sie nach hitziger Verfolgungsjagd und eigener kurzzeitiger Entführung festnehmen können.

Der moralisierende Duktus und Appell, sich vorbildlich zu verhalten wird hier recht plakativ durch den dunklen Rächer vertreten: „Most of us go through life paying too little attention to people around us“ (Kane (1943), o.P.). Ganz im Sinne des christlichen Gedankens opfern die beiden bereitwillig ihre Weihnachtstage, um den weniger privilegierten Menschen ein schönes Fest zu bescheren. Nebenbei bringen sie dabei in einer actionreichen Szene ein Verbrechertrio zur Strecke und liefern dieses mit großer Schleife und Schildchen – „For Commissioner Gorden“ – als Weihnachtspäckchen verschnürt bei der Polizei ab. Das letzte Panel beschließt die Episode mit Bruce und Dick, die gemeinsam vor dem Christbaum sitzen und er seinem Mündel noch einmal verdeutlicht: „He´ll never have a friend, because he´s all greed and hatred … He´s completely bad … A wild beast to be kept caged! No one will ever say to him as we say to our friends Merry Christmas!“ (Kane (1943), o.P.).

In dieser Geschichte sind Batman und Robin eindeutig auf der Seite der ‚Guten‘ verortet und stimmen den vermeintlich kindlichen Leser auf ein angemessenes Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen ein. Die relativ billigen und einfach gestalteten Comicheftchen richten sich zu dieser Zeit primär an ein junges Publikum und werden häufig für didaktisierende und pädagogische Maßnahmen eingesetzt. So entlässt etwa auch Superman seine Leser 1940 mit folgendem Schlusssatz: „I hope all you readers will remember to be generous to those less fortunate than yourselves! – And Now – Merry Christmas to you and a Happy New Year!“ (Siegel/Burnley (2000), 159 [EA 1940]).

Das ist dennoch eine bemerkenswerte Konstruktion, denn in der weiteren Entwicklung wird nicht nur das Medium Comic von einem erwachsenem Publikum entdeckt, kreiert komplexe und vielschichtige Erzählungen, sondern insbesondere die Figur Batman exponiert spätestens in den 1980er Jahren den oben beschrieben einsamen und ambivalenten Rächer, der am Rande der Legalität und Akzeptanz agiert. Der Held Batman ist in dieser Weihnachtsgeschichte noch deutlich aufgehellt, unterstützt durch seinen jugendlichen Begleiter Robin und pflegt mit seinem festlich geschmückten Vehikel und Einsatz für die Einsamen ein regelrechtes Saubermann Image. Dies setzt sich etwa auch in zwei Titelbildern der nächsten Jahre fort, wo Batman und Robin fröhlich den Weihnachtsmann beim Geschenke verteilen unterstützen oder den Christbaum schmücken (vgl. Batman #27 (1945) und #33 (1946)).

Teil II dieses Beitrags widmet sich dann den Weiterentwicklungen in den 1970er Jahren und zeigt das bunte und weihnachtliche Gotham.

[1]     Ob und in welcher Form Batman tatsächlich ein Superheld ist soll an dieser Stelle nicht ausführlich diskutiert werden; Batman hat zwar keine übernatürlichen körperlichen Fähigkeiten, dennoch gehört er zur Heldenliga im DC-Universum und wird im Folgenden auch als ein solcher Superheld anerkannt. Zur Kategorisierung von Superhelden siehe weiter: Stephan Ditschke, Anjiin Anhut (2009): Menschliches, Übermenschliches. Zur narrativen Struktur von Superheldencomics. In: Stephan Ditschke, Katerina Kroucheva, Daniel Stein (Hrsg.): Comics. Zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums. Bielefeld: transcript, S. 131–178.

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