Schaute man sich dieses Jahr auf der größten Gesellschaftsspielemesse Europas, der Spiel! in Essen, um, dann konnte man einen Trend beobachten, der vielleicht nicht neu ist, aber zumindest eine zweite Renaissance erlebt. Zu welchem größeren Vertrieb man auch kam, besonders beworben wurden in der Regel kooperative Titel, also Spiele, in denen alle Mitspieler gegen das Spiel spielen. Dies bemerkte scheinbar auch die Jury des Spiel des Jahres und prämierte einerseits Hanabi als Spiel des Jahres 2013 und außerdem Die Legenden von Andor als Kennerspiel des Jahres.
Bei Hanabi handelt es sich um ein Kartenspiel, bei dem alle Mitspieler ein möglichst gelungenes Feuerwerk inszenieren müssen, bestehend aus mehreren Farben und Intensitätsstufen. Der Clou des Spiels ist, dass jeder Spieler seine eigenen Handkarten von sich weg hält, sie also selbst nicht sieht. Stattdessen sieht er die Hände seiner Mitspieler und kann diesen Hinweise zu Farben und Werten geben. Um ein fehlerfreies Feuerwerk zu legen, müssen sich alle Spieler auf die Hinweise ihrer Gegenüber verlassen können und lernen so, zusammenzuarbeiten. Wird dreimal eine bereits liegende Karte ausgespielt, ‘gewinnt’ das Spiel.
Die Legenden von Andor ist ein kooperatives Fantasy-Abenteuerspiel, welches mit einer großen Menge an Material daherkommt. Bis zu vier Spieler schließen sich zu einer Heldengruppe zusammen und bestreiten auf einer von zwei großen Landkarten vorgefertigte Legenden, welche vom Spiel erzählt werden. Man spielt gegen die Zeit und gegen Horden von Monstern, die es auf die zu beschützende Hauptstadt von Andor abgesehen haben. Lassen sich die Spieler zu viel Zeit, ihre Aufgaben zu erledigen, endet das Spiel. Dieser Kampf gegen die Zeit verschärft sich noch dadurch, dass für jeden besiegten Gegner die Erzählung voranschreitet und die Aufgaben in der Regel so fordernder und vielschichtiger werden. Ohne eine gute Absprache und Aufgabenteilung unter den Spielern ist es nur schwer möglich, eine Legende erfolgreich abzuschließen.
Spiele, die Gesellschaft schaffen
Die Wertschätzung von kooperativen Spielen liest sich bereits in der Begründung der Jury des Spiel des Jahres e.V. heraus:
“Hanabi überzeugt durch einen bislang einmaligen Mix aus kooperativen, kommunikativen und deduktiven Spielelementen. Die falsch herum gehaltenen Karten sorgen nicht nur für einen ungewohnten Anblick, sondern sie fördern auch das konzentrierte Zusammenspiel. Es fasziniert, wie die Gruppen von Partie zu Partie besser harmonieren und lernen, aus klugen Tipps die richtigen Schlüsse zu ziehen. Gelingt ein legendäres Karten-Feuerwerk, ist die Freude groß.” (Spiel des Jahres e.V.)
Der Förderungsaspekt des Spiels wird in der Begründung klar betont. Kooperative Spiele werden offensichtlich auch nach ihrem didaktischen Nutzen beurteilt. Und tatsächlich leuchtet es ein, wieso diese eine besondere Form der Gesellschaft schaffen. In solchen Formaten werden eben nicht mehrere Einzelkämpfer an einen Tisch gesetzt, die gegeneinander um ihren eigenen Sieg kämpfen. Es bildet sich eine tatsächliche Spielergruppe, die an einem Strang ziehen muss, um die Mechanismen des Spiels zu überwinden. Ein Sieg hängt damit nicht mehr nur von guter persönlicher Planung oder Geschicklichkeit ab, sondern auch von einer gelingenden Kommunikation mit den Mitspielern, oftmals verbunden mit der Notwendigkeit, Kompromisse auszuhandeln, um dadurch das Beste für die Gruppe zu erreichen. Die Dynamik eines kooperativen Spiels wird sich dadurch in den meisten Fällen von der eines kompetitiven Spiels unterscheiden (ohne diese dadurch auch nur im geringsten als schlechter bezeichnen zu wollen).
Für jeden was dabei
Kooperative Spiele gibt es inzwischen in vielen Genres und Mechaniken, die Anzahl ist steigend. An dieser Stelle sollen nur einige Titel genannt sein, die interessante Aspekte mitbringen. In Escape – Der Fluch des Tempels muss die Spielergruppe innerhalb von 10 Minuten einen Tempel erkunden und aus diesem entkommen. Alle spielen dabei gleichzeitig und so schnell wie möglich, unterstützen sich dabei mit guten Würfelwürfen. Ein zehnminütiges Musikstück sorgt im Hintergrund für szenische Untermalung und pulstreibende Hektik. In City of Horror verschanzt sich die Gruppe in einer von Zombies überrannten Stadt und muss dort ausharren, bis das Militär zur Hilfe eilt. Jeder Spieler verkörpert dabei mehrere Figuren der Überlebenden. Der kooperative Aspekt des Spiels wird dabei bei jedem Angriff der Zombies um eine kompetitive Komponente bereichert. Stürmen die Zombies ein Gebäude, wird eine Figur gefressen. Welche dies ist, bestimmt das Mehrheitsvotum. So steht die Spielergruppe in einem konstanten Wechsel des Mit- und Gegeneinanders. Pandemie macht die Spieler zu einem internationalen Team von Seuchenexperten, die gemeinsam den Ausbruch von vier großen Krankheiten bekämpfen müssen. Jede Figur hat dabei eine einzigartige Fähigkeit, die dringend nötig ist, um die rapide um sich greifenden Viren in Schach zu halten.
Um sich einen guten und ausgesprochen unterhaltsamen Überblick über letzteren Titel zu verschaffen, verlinken wir an dieser Stelle den sehr zu empfehlenden TableTop-Cast der Youtubegruppe Geek & Sundry:
Es gäbe in dieser Liste noch viele Spieleperlen aufzuzählen. Dies wird in kommenden Artikeln dieses Bereichs jedoch sicherlich eh geschehen. Wer aber noch einen guten Tipp zu einem kooperativen Spiel oder Fragen zu einem der hier vorgestellten Titel hat, darf sich gerne in den Kommentaren einklinken.
Medien
Spiel des Jahres e.V.: Spiel des Jahres 2013. Hanabi. http://www.spiel-des-jahres.com/cms/front_content.php?idcatart=1228&id=828. Letzter Zugriff: 02.12.2013. Internetseite.
City of Horror. Asmodee GmbH. 2012. Gesellschaftsspiel.
Escape. Der Fluch des Tempels. Queen Games. 2012. Gesellschaftsspiel
Die Legenden von Andor. Kosmos. 2012. Gesellschaftsspiel.
Geek & Sundry: Pandemic. Morgan Webb, Ed Brubaker, and Robert Grifford Join Wil on TableTop, episode 14. http://www.youtube.com/watch?v=ytK1zDPPDhw&list=PL4F80C7D2DC8D9B6C&index=14. Letzter Zugriff am 02.02.2014.
Hanabi. Abacusspiele. 2012. Gesellschaftsspiel.
Pandemie. Pegasus Spiele. 2008. Gesellschaftsspiel.