Drückende Sommerhitze, hitzige Fußballspiele und fußballerische Konkurrenzen – Martina Wildners neuer Roman Der Himmel über dem Platz bietet alles für die perfekte sommerliche Lektüre. Dies dürfte auch für alldiejenigen gelten, die sich weder für Fußball interessieren noch gerne selbst kicken, denn die Geschichte wartet mit einigen unterhaltsamen (wenn auch nicht immer überraschenden) Wendungen auf und trifft vor allem das laue Sommerferien-Feeling in einer latent chaotischen Patchwork-Familie ziemlich punktgenau.
Unerhörte Ereignisse
Viele der Merkmale und Motive aus Wildners bisherigen Romanen finden sich hier wieder. Nach Die Königin des Sprungturms im Turmspringerinnenmilieu gibt es mit Der Himmel über dem Platz nun ein leistungssportbezogenes Setting im (Mädchen-)Fußball. Und auch Wildners Vorliebe für rätselhafte Vorkommnisse (Das schaurige Haus; Die Krähe am unheimlichen Baum) sowie symbolische Überhöhungen haben Eingang in die Erzählung gefunden: Merkwürdige Botschaften einer unbekannten Person, ein skurriler Nachbar und ein großes Gewitter am Ende des Sommers fügen sich hier vor dem Hintergrund des familiären Miteinanders zusammen.
Zwischen Fußball und Familie
Im Zentrum der Handlung steht das Mädchen Jo, das so gut im Fußball ist, dass es sich für einen Wechsel von einer reinen Mädchenmannschaft in eine Jungenmannschaft entscheidet. Es kommt, wie zu erwarten, zu einigen Spannungen – sowohl mit ihren früheren Mitspielerinnen als auch in der neuen Mannschaft. Damit orientiert sich der Kernkonflikt an noch recht erwartbaren und konventionellen Konstellationen, bei denen auch gängige Genderklischees eine Rolle spielen. Davon abgesehen überzeugt der Roman jedoch in der erzählerischen Umsetzung, die sensibel die Perspektive von Jo in einer Ich-Konstruktion ausgestaltet und von ihrem immensen Leistungsdruck berichtet. Dies betrifft dabei nicht nur das Miteinander im Verein, sondern auch innerhalb des Freundeskreis und der Familie. Die getrenntlebenden Eltern und die jüngere Schwester gehen jede_r auf ihre eigene ganz verschrobene Art und Weise Jo auf die Nerven. Insbesondere der Vater wird dabei als liebevoller Chaot gezeichnet, auf den man jedoch nicht selten auch richtig wütend wird.
Fly High!
So ist der Roman nicht nur ein Sportbuch, sondern eigentlich eine solide gezeichnete Adoleszenzgeschichte, in der unterschiedlichste Konflikte Eingang finden, aber auch in humorvollem Ton erzählt wird. Unterstützung findet Jo dabei in geheimnisvollen Botschaften, denn eine unbekannte Person hinterlässt ihr immer wieder den Leitspruch „Fly High!“ in Wandschmierereien und erinnert sie daran, nicht aufzugeben. Auch diese Botschaft mag zunächst platt klingen, ist aber geschickt in den Handlungsfortgang eingewoben und verbindet sich am Ende des Romans mit einer ungewöhnlicheren Variation eines deus ex machina im fußballerischen Gewand. So schafft Wildner in ihrem Roman eine gute Mischung aus bekannten Themen und Motiven.
Literatur
Martina Wildner: Der Himmel über dem Platz. Weinheim: Beltz & Gelberg 2021.