Herzflattern mit Karamell

oder Wie ich in zwei Wochen mein Leben ruinierte

Die in Sydney lebende Autorin Erin Gough schreibt begeistert auf ihrer Homepage über das Erscheinen der deutschen Ausgabe von Herzflattern mit Karamell:

There is something very cool about seeing a book you wrote published in another language. And German is a language that looks seriously cool on the page. There are the umlauts. The long, important-looking words. Not to mention the German version of inverted commas, which look »like this«.

Erin Goughs Euphorie ist begründet, denn The Flywheel – so der englische Titel – ist ihr Debütroman. Sie gewann mit dem Manuskript 2013 den Nachwuchspreis des Ampersand Projects und damit die Veröffentlichung des Buches im australischen Hardie Grant Egmont Verlag, bei dem es 2015 erschien. 2016 folgte die deutsche Ausgabe bei Fischer KJB, übersetzt von Yvonne Hergane.

Blick in das Buch

Laut dem Klappentext der deutschen Ausgabe liebt Erin Gough Karamell-Milchshakes und Kaffee – ein Umstand, der vielleicht den überzuckerten deutschen Titel Herzflattern mit Karamell oder Wie ich in zwei Wochen mein Leben ruinierte erklärt. Tatsächlich wird Karamell-Milchshake nur ein einziges Mal erwähnt. Im englischen Original heißt der Roman schlicht nach dem Café The Flywheel (zu deutsch Schwungrad) – ein passenderer Titel, denn das Café wird für die Hauptfigur Delilah zur treibenden Kraft in ihrem Leben.

Was das Café für Delilah ist, ist Delilah als Ich-Erzählerin für den Roman. Die Siebzehnjährige ist in zwei Lebensbereichen — im besagten Flywheel und in der Schule — mit diversen Widrigkeiten konfrontiert, denen sie sich auf sich alleine gestellt auseinander setzen muss. In der Schule schlägt die heimliche Freundschaft zwischen der als lesbisch geouteten Delilah und einem Mädchen aus der Clique der populären Schüler_inne in öffentliches Mobbing um. Statt sich weiter ihrer Bildung zu widmen, beschließt Delilah sich Vollzeit um auf das in seiner Existenz bedrohte Café zu kümmern in der Hoffnung, es zu retten bis ihr Vater von einer Weltreise zurückkehrt. Die Liebesnöte ihres besten Freundes Charlie, die angespannte Beziehung zu ihrer anderen besten Freundin Lauren, die Entfremdung zu ihrer Mutter und ihre eigene unerwiderte Liebe zu Rosa, der Flamenco tanzenden Kellnerin aus der Tapas-Bar gegenüber, machen ihr Leben nicht einfacher. All dem begegnet Delilah auf ihre eigene Art, doch ist sie mit ihrem Temperament in so mancher Situation eine Herausforderung sowohl für ihre Umgebung als auch für die Leser_innen.

Trotz aller Konflikte kippt die Handlung nicht ins Dramatische ab. Delilahs Erzählstimme erhält sich immer ihre Selbstironie während The Flywheel die Kulisse für allerlei liebenswerte und für die Beteiligten manchmal unfreiwillig komische Begebenheiten bietet.

Blick auf das Buch

Die Leser_innen sollten sich nicht von der Gestaltung der deutschen Ausgabe irritieren lassen. Das rosa und lila gehaltene Cover sowie der Titel lassen vermuten, dass man mit Herzflattern mit Karamell ein Buch in der Hand hält, das in Buchhandlungen allein in das Regal für Chick Lit einordnet werden kann. Der Roman enthält durchaus Elemente dieses Genres – den Herzschmerz von Delilah und ihrem besten Freund Charlie, die sich aneinanderreihenden Alltagskatastrophen, den selbstironischen Tonfall in der Stimme der Ich-Erzählerin.

Doch die Geschichte enthält mehr. Es ist ein Roman für Jugendliche über das Erwachsenwerden mit einer lesbischen Protagonistin ohne eine der übliche Coming-out-Geschichten zu erzählen. Angenehm untypisch ist Delilahs Selbstverständnis. Tatsächlich ist ihre sexuelle Orientierung das Einzige, dessen sich sie durch die gesamte Handlung hindurch sicher ist. Problematisch ist, wie die Clique der populären Schüler_innen und mit ihnen die Mehrheit der Stufe auf Delilahs Sexualität reagieren. Das Ausmaß dieses Mobbings, die zunächst einseitige Intervention der Lehrerin und auch Delilahs eigene Reflektion der Situation entfaltet sich erst nach und nach im Laufe der Handlung. Auf diese Weise wird das Thema des Mobbings sehr unaufgeregt und behutsam verhandelt ohne zu Dramatisieren.

Fazit

Der Roman ist Chick Lit und behandelt LGBT*-Problematiken, ist Komödie und Drama und bietet damit Anknüpfungspunkte für alle, die sich gerne unterhalten lassen und dabei ernste Themen nicht scheuen.

Literatur

Gough, Erin: Herzflattern mit Karamell oder Wie ich in zwei Wochen mein Leben ruinierte. Aus dem Englischen von Yvonne Hergane. Frankfurt a.M.: Fischer KJB, 2016.

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