Literatur


Jägerin und Sammlerin

Eine Coming-of-Age-Geschichte erzählt, wie sich die Biographie einer ganzen Familie in den Körper einer jungen Frau einschreibt und eine unbeschwerte Jugend verhindert. Am 01. Januar 1991 entschied die Innenministerkonferenz, dass jüdische Personen aus der ehemaligen Sowjetunion als Kontigentflüchtlinge nach Deutschland einreisen dürften. Die Rechtslage der sogenannten „Jüdischen Zuwander:innen“ wurde allerdings nicht eindeutig geklärt. Bis 2004, als die Symbolpolitik endete, „genauso abrupt, paradox und still wie sie 25 Jahre zuvor begonnen hatte“ (Belkin 2017), emigrierten über 220.000 Jüd:innen und ihre Familienangehörigen nach Deutschland. Gerade aus der Ukraine und aus Russland kamen…

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POLLE – Comicmagazin

Neben Klassikern wie Micky Maus und Donald Duck, die monatlich immer wieder und immer noch z.B. im Lustigen Taschenbuch auftreten und von vielen Erwachsenen gelesen werden, gibt es nur wenige Comicserien, die sich ausdrücklich an Kinder richten. Während der Reprodukt Verlag seit einigen Jahren eine kleine und feine Sparte Kindercomics etabliert hat, gibt es seit 2018 mit POLLE auch ein eigenes deutschsprachiges Comic-Magazin für Kinder zwischen 7 und 12 Jahren. Das Heft erscheint zweimal jährlich, mittlerweile im Péridot Verlag. Redaktionell begleitet wird POLLE von Ferdinand Lutz, Wiebke Helmchen und Jakob…

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Bosco Rübe rast durchs Jahr

Die Familie Rübe aus dem Bilderbuch Schlafen wie die Rüben (2021) kehrt nun in Bosco Rübe rast durchs Jahr (2022) zurück. Dita Zipfel und Finn-Ole Heinrich haben wieder gemeinsam getextet, Tine Schulz illustriert. Herausgekommen ist dabei ein kunterbuntes Vorlesebuch in rasantem Tempo, bei dem Bosco als jüngster Spross der Familie im Zentrum steht. Der Tag nach seinem dritten Geburtstag, dessen Magie Bosco noch komplett erfüllt, markiert den Anfang der Geschichten: „Bosco steht noch mittendrin im Gestern, in seinem großen dritten Geburtstag.“ (S. 4) Dieser Starpunkt ist gleichzeitig ein Sehnsuchtspunkt, denn…

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Ringo und die Vampirkaninchen

Ringo, titelgebender Protagonist in Katja Spitzers Kinderroman Ringo und die Vampirkaninchen (2022), ist ein Windhund und Butler. Er spricht zwar nicht die Sprache der Menschen, versteht diese aber sehr gut und arbeitet daher mit viel Erfolg bei Mr. Constantin als dessen persönlicher Butler in einem Schloss. Dieser Wohnsitz liegt einsam in den karpatischen Bergen. Das räumliche Setting signalisiert versierten Vampirliteratur-Kenner:innen bereits unmissverständlich, was da noch kommt. Neben dem direkten Verweis auf Vampirkaninchen im Titel, greift die Geschichte dann auch im Verlauf auf wichtige Bestandteile des Genres zu: Vollmond, Knoblauch und…

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Herumtreiberinnen

Ein Handlungsspielraum, drei verschiedene Geschichten Bettina Wilpert hat für ihr zweites Buch Herumtreiberinnen wieder die Stadt Leipzig als Ausgangsort für ihre Erzählung, die sich an der außertextuellen Realität orientiert, gewählt. Das Besondere dieses Mal ist, dass ihr Roman auf der Zeitebene drei unterschiedliche Geschichten zusammenbringt, indem er sie durch ein und denselben Ort verbindet: ein Gebäude in der Lerchenstraße. Ein Haus, das im Laufe der vergangenen 100 Jahre seine Funktion verändert hat und somit für die Protagonistinnen Lilo, Manja und Robin unterschiedliche Handlungsspielräume setzt. Die Leser:innen erfahren durch diese drei…

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The Hate U Give

THUG Life – die Leser:innen von Angie Thomas‘ Roman The Hate U Give erfahren nicht nur, was hinter diesen vier Buchstaben steht, die aus der englischsprachigen Rapszene bekannt sind, sondern sie erfahren auch, was für einen Schmerz Schwarze Menschen in den USA ertragen müssen. Protagonistin dieser Erzählung ist die 16jährige Starr, deren Jugend durch die Krisen, die der Tod eines geliebten Menschen auslöst, geprägt ist. So wird der Anfang und das Ende ihrer Jugend von den Ermordungen ihrer zwei ältesten Freund:innen  Natasha und Kahlil markiert. Als sie elf Jahre alt…

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Ey hör mal!

„Ey hör mal!“  – der Titel des Adoleszenzromans von Gulraiz Sharif spielt darauf an, was man als Leser_in dringend tun sollte: sich auf die Stimme des 15-jährigen Protagonisten Mahmoud einlassen und ihm zuhören. Aus der Ich-Perspektive nimmt er die Leser_innen mit in seine letzten Sommerferien vor seinem Wechsel auf die weiterführende Schule. Das, was er in seinem Plattenbau-Viertel am östlichen Rand von Oslo sieht und erlebt, packt er in seine eigenen Worte, und um es mit diesen zu sagen: er scheißt dabei auf jegliche literarische oder grammatikalische Konventionen. Wer sich…

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Der perfekte Kuss

Der perfekte Kuss von André Kubiczek reiht sich in eine Liste von neu erschienen Romanen ein, die von einer männlichen Jugend in Ostdeutschland erzählen. Doch anders als die viel besprochenen Texte von Hendrik Bolz, Daniel Schulz und Domenico Müllensiefen thematisiert Kubiczek die Gewalt nur am Rande, welche junge Männer um die Wende im ehemaligen Ost-Deutschland erfahren und auch selbst ausgeübt haben. Dieser Unterschied entsteht durch den Protagonisten René in Kubiczeks Roman, der manchen Leser_innen schon aus den zwei Vorläufern von Kubiczeks Trilogie bekannt sein könnte und der sich trotz allem…

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Brummps

Es summt und brummt und wummst ordentlich in Dita Zipfels neuem Roman Brummps. Sie nannten ihn Ameise (2022). Der in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Protagonist ist „Jonny. Jonny Ameise“ (S. 7) Jonny lebt zwar unter Ameisen, ist aber eigentlich ein verkannter Mistkäfer. Und obwohl er sprachlich fast wie ein cooler James Bond eingeführt wird, steckt er bereits auf der ersten Seite der Geschichte wortwörtlich in der Scheiße, nämlich kopfüber in „ziemlich zäher Fuchskacke.“ (S. 7) Die begleitende Illustration setzt das Malheur plastisch ins Bild (eine Leseprobe findet sich auf der Seite…

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Regenbogentage

In Regenbogentage von Nora Dåsnes beginnt die Geschichte um die 12-jährigen Tuva nicht zufällig mit dem letzten Tag der Sommerferien, als sie ihrem Vater zuruft: „Bin noch mal kurz im Spielhaus.“ (o.S.) Das Spiel ist im weiteren Verlauf zentrales Leitmotiv für Übergänge und Veränderungen im Heran- und Herauswachsen aus der Kindheit. Dabei stehen auch die endenden Sommerferien als zeitliches Symbol für das Ende einer Lebensphase. Am Anfang des neuen Schuljahres stellt Tuva nämlich fest, dass sie auf einmal nicht mehr wie vorher mit ihren beiden besten Freundinnen spielen kann und…

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