In Lauren James Roman Forever again. Für alle Augenblicke wir beginnt im Jahr 2039 Katherine „Kate“ in England ihr Biologiestudium und trifft auf Matthew „Matt“, zu dem sie sich unmittelbar hingezogen fühlt. Bleibt er zunächst ‚nur‘ Laborpartner, entwickelt sich zwischen beiden eine Romanze, die unter ‚normalen‘ Umständen nichts Besonderes wäre. Allerdings findet Kate im Internet zufällig Artikel, Interviews und Blogeinträge einer Katherine „Kate“ aus dem Jahr 2019, die an einen Matthew „Matt“ gerichtet sind. Diese Vorgeschichte verkompliziert die Beziehung des Paares Kate und Matt im Jahr 2039 ungemein, denn sie erkennen nicht nur, dass ihnen das Paar aus dem Jahr 2019 zum Verwechseln ähnlich sieht, sondern sie finden sogar heraus, dass es sich bei Kate und Matt aus dem Jahr 2019 um Kates Tante und Matts Onkel gehandelt hat. Bei weiteren Recherchen entdecken sie, dass das Paar als Biologen für eine Firma gearbeitet hat, die sich mit Bakterien und ihrem Nutzen für die Landwirtschaft einen Namen gemacht hat. Eigentlich für einen guten Zweck gedacht, wollte die Regierung jedoch die Bakterien für einen biologischen Waffenangriff nutzen, um den Kontinent auszulöschen, der sich mit England im Krieg befindet, was auch den anhaltenden, jedoch fragilen Frieden obsolet gemacht hätte. Bei der Aufdeckung dieses Plans wurde das Biologenpaar Kate und Matt im Jahr 2019 ermordet, die Bakterien existieren jedoch noch immer, weshalb sich Kate und Matt 2039 daran machen, diese zu vernichten.
Eine zunehmend komplexere Handlung vor historischer Kulisse
Die bis zu diesen Erklärungen ohnehin schon mehr als komplexe Handlung, die zwischen den Jahren 2039 und 2019 springt, wird im weiteren Verlauf noch ausgedehnt und um Handlungen in den Jahren 1745 und 1854 ergänzt. Auch hier treffen – vor unterschiedlicher historischer Kulisse, die mitunter in Kriegsgebiete führt – jeweils zwei Protagonisten aufeinander, die auf die Namen Katherine und Matthew hören und sich im Zuge der beiden Handlungsstränge näher kommen und verlieben. Allerdings – und hier unterscheiden sich die Handlungen der Jahre 1745, 1854 und 2019 von derjenigen im Jahr 2039 – überleben die ‚Vorfahren‘ von Kate und Matt (2039) nicht, sondern sterben an Krankheiten, im Krieg oder durch Anschläge und Mord.
Lediglich Kate und Matt des Jahres 2039 ist es vergönnt zu überleben und ein Kind zu zeugen, das sie nach der erfolgreichen Vernichtung der biologischen Waffen in die Obhut von Matts Bruder geben müssen, da sie beide als Terroristen gesucht werden und untertauchen müssen. In dem gezeugten Kind liegt der – den LeserInnen noch – verborgene Schlüssel zum Verständnis des ersten Bandes.Einzig und allein die Geburt des Kindes kann nun die immer wieder erfolgenden Reinkarnationen des Paares Kate und Matt beenden. Das Kind scheint nun für Höheres bestimmt zu sein. Was genau dies jedoch sein soll, bleibt am Ende des Buches unklar, denn die Autorin hat ihren Roman als Auftakt eines Zweibänders angelegt, so dass die Erkenntnis, dass das Kind am Ende der Schlüssel für die Reinkarnationen sein könnte, als Cliffhanger für den Folgeband fungiert.
Verwirrungen durch Zeitsprünge, weitere Erzählinstanzen und Themenpluralismus
Die anspruchsvolle Handlung beginnt bereits zu Beginn des Buches rasant und lässt LeserInnen auf den ersten Seiten verwirrt zurück. Erst im weiteren Fortgang des Geschehens wird das Handlungskonstrukt erkennbar bzw. transparent, woraus sich eine Schwäche in der erzählerischen Anlage ergibt: Zu schnell vollziehen sich die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Jahren 1745, 1854, 2019 und 2039, mit denen die Autorin ihre LeserInnen lesend durch die Zeiten schickt und die unterschiedlichen Protagonisten begleiten lässt. Dadurch bleibt kaum Zeit, sich zu Beginn auf die Protagonisten einzulassen, die trotz Namensgleichheit unterschiedliche (Charakter-)Eigenschaften aufweisen und ‚nur‘ geeint werden durch die starken Gefühle zueinander.
Zudem schaltet sich eine weitere Erzählinstanz ein, die das ganze Szenario, das man auch als magisch vorherbestimmt hätte konstruieren können, in den Bereich der Science Fiction zu verschieben scheint: Als anonym bleibende Instanz, die sich literarisch manifestiert in Aktennotizen und Computerbefehlen, scheint das ganze Geschehen zu steuern und die Aufeinandertreffen – vermutlich auch die Geburten von Kate und Matt – zu initiieren. Deutlich wird dies, als Matthew im Jahr 1745 erschossen wird und diese Instanz dafür sorgt, dass Matthew aus dem Jahr 1854 ins Jahr 1745 transferiert wird – und dort an der Strahlenkrankheit verstirbt. Jedoch bleibt diese Erzählinstanz blass und farblos und seltsam anonym, es wird nicht klar, wer aus welcher Position heraus spricht bzw. Befehle gibt. Fest steht jedoch, dass das von Kate und Matt gezeugte Kind nicht mehr als Wunder erscheint, sondern als ein Produkt, ein Sinnbild für die Macht einer höheren, übergeordneten Instanz, deren Identität die Autorin im ersten Band verschleiert.
Während die Zeiten 1745, 1854 und 2039 von heterodiegetischen Erzählinstanzen erzählt werden, die die Protagonisten begleiten, wird das Leben von Kate und Matt im Jahr 2019 lediglich durch Blogs, Interviews, Internetnachrichten sowie Notizen und Zeitungsartikel vermittelt, so dass sich hier Bezüge zu Tagebuch- oder Briefromanen ergeben, die direkt eine Innensicht der Figuren geben. So verwundert es auch kaum, dass man als LeserIn zu diesem Paar, aus dessen Dokumenten die Liebe zueinander unmittelbar spricht, am deutlichsten eine Beziehung aufbauen kann.
Obwohl Lauren James mit der Thematik der Reinkarnation ein spannendes Thema aufgreift, und auch die Zeitsprünge eine interessante Komponente darstellen, bleibt doch partiell eine Distanz bestehen zu den Figuren und der Handlung, die es der Autorin nicht immer ganz gelingt, aufzulösen. Geschuldet mag das vielleicht auch den schnellen Sprüngen zwischen den Zeitebenen sowie der stellenweise sehr überfrachteten Geschichte sein, die sich zwischen Jakobineraufständen, Bürgerkriegen und biologischen Kriegen abspielt. Kate und Matt erhalten somit leider nicht immer konstant den Raum, der ihnen zustünde, um sich wirklich entfalten zu können. Am überzeugendsten ist – wie dargestellt – die Beziehung zwischen Kate und Matt im Jahr 2019, die sich unmittelbar durch Briefe etc. erzählt.
Literatur
James, Lauren (2017): Forever again. Für alle Augenblicke wir. Aus dem Englischen übersetzt von Franca Fritz und Heinrich Koop. Bindlach: Loewe.